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Die Minne, bzw. der Minnedienst, dem das Herz
sich vorschrieben hat, scheinen also keine Beseligung zu bringen, sondern
nur Mühe und Gefahr.
In der vierten Strophe schließlich vollzieht der
Dichter den Schritt, den die vorangegangenen Strophen vorbereitet haben
: die Aufkündigung des Minnedienstes.
Um diese Aufkündigung zu verstehen, ist es notwendig,
sich ein Bild von der Herrin zu machen. Die Frau selbst bleibt mit ihrem
Innenleben ganz verborgen. Sie wird nur durch die Rede des Mannes an sein
Herz sichtbar. Diese Frau ist nicht Minnepartnerin (so wie wir sie
bei Albrecht von Johansdorf kennenlernen), sondern Ziel eines offenbar
mühseligen, schwer erfüllbaren Strebens: ein ruhendes Ideal.
Man kann sich dieser Frau nur in der Haltung anbetender Verehrung nahen.
Sie erscheint als Lehnsherrin, ihr dient der Dichter durch seine Lieder.
Aller Lehensdienst beruht aber auf einer ausgewogenen Relation zwischen
Dienst und Lohn; wo jedoch der angemessene Lohn ausbleibt, ist der Dienst
aufkündbar.
Der Dichter meint in dieser Lage zu sein. Die Verse MF
47,35 bis 47,38 geben die Begründung dafür:
"swie vil ich si geflehet oder gebaete,
so tuot si rehte als ob sis niht verste.
mich dunket wie ir wort geliche ge
reht als ez der sumer von Triere taete."
Sie hat die kunstvollen Klänge seiner Minnelieder
einfach ignoriert und damit gegen ein göttliches Gebot verstoßen.
Diese reine Gleichgültigkeit der Herrin rechtfertigt nach der Meinung
des Dichters die Aufkündigung des Minnedienstes. Auffallend ist hierbei
die unhöfische Heftigkeit der beiden Schlussverse :
"ich waer ein gouch, ob ich ir tumbheit haete
für guot: ez engeschiht mir niemer me."
(MF 47,39.40) .
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1. Siehe hierzu die Interpretation von H. Ingebrand, in dieser
Arbeit erörtert auf Seite 41 .
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