Materielle Grundlage des Ritterstandes ist das
Lehnsgut, ideelle der Waffendienst zu Pferd. In Friedenszeiten bilden die
Höfe den Mittelpunkt der ritterlichen Gesellschaft. Hier spielt sich
die ritterliche Geselligkeit ab.
Die gleichen Lebens- und Anstandsregeln verbinden die
Ritter aller Nationen miteinander. Dennoch behält die deutsche
ritterliche "site" ihren besonderen Charakter.
Während die südfranzösischen Ritter reine
Individualisten bleiben, fühlt sich der deutsche Ritter in viel stärkerem
Maße als Glied der ritterlichen Gemeinschaft.
Die germanische Jagdfreude lässt die Ausbildung in
der Jägerkunst zu einem besonderen Gebiet ritterlicher Betätigung
werden. Ein spezielles Merkmal deutschen Rittertums ist die unbedingte
Treue dem Herrn und seiner Gattin gegenüber. "Staete"
und "triuwe" sind die primären ritterlichen Tugenden.
Die "staete", constancia, ist nach dem Zeitempfinden die
vornehmste aller Eigenschaften, die den Ritter auszeichnen. Die Wandelbarkeit
dagegen ist ein Laster, das die Hölle näher bringt (siehe hierzu
die Kreuzzugslieder Albrechts von Johansdorf!). Aus der "staete" erwächst
jedem einzelnen jenes hohe Lebensgefühl, das in der Bezeichnung
"hoher muot" die formelhafte Prägung findet.
Die "ere" verlangt nicht nur mutigen Kampf im Dienste
des weltlichen und göttlichen Herrn, sondern auch großzügige
Freigiebigkeit ("milte"), hilfreiches Erbarmen mit Schwachen und Bedrängten.
Wie für Aristoteles die Tugend ein Mittleres zwischen
zwei Lastern ist, so ist für den Ritter das ethische Ideal die "maze".
Sie ist die Fähigkeit zum Innehalten gewisser Grenzen,
die vor allem einen hohen Grad an Selbstbeherrschung voraussetzt. "Maze"
ist aber nicht nur die Mäßigkeit, sondern auch das schöne
Eben maß, das alles menschliche Verhalten zieren soll, das Mann und
Frau Vornehmheit und Abklärung, Ruhe und inneren Halt verleihen
kann.