Auswertung der Interpretationsergebnisse
Mit dem Aufruf zum Kreuzzug ergibt sich für den Ritter
eine neue Problematik: das Ringen zwischen Gottesdienst und Frauenminne.
Die einzelnen Dichter (Friedrich von Hausen, Albrecht von Johansdorf, Hartmann
von Aue, Rubin, Otto von Botenlauben, aber auch Heinrich von Rugge, Hiltbolt
von Schwangau und der Burggraf von Lienz) variieren den Konflikt zwischen
Kreuzzug und Minne in der verschiedensten Weise und führen ihn zu
dem Ergebnis, daß entweder in der Abwertung der Minne und des Frauendienstes
(Friedrich von Hausen, Hiltbolt von Schwangau, Rubin VII), in einer Art
Ausgleich beider Interessen (Albrecht von Johansdorf, Otto von Botenlauben,
Burggraf von Lienz, Rubin XXII) oder in der völligen Absage an die
Minne (Hartmann von Aue, Heinrich von Rugge) die Entscheidung zugunsten
des Kreuzzuges fällt.
Friedrich von Hausen, Teilnehmer des Kreuzzuges von 1189/119O,
stellt den inneren Konflikt als Streit der beiden Organe "herze" und "lip"
dar. Er unterscheidet graduell zwischen den beiden Werten Frau und Gott.
Ritterdienst bedeutet für Friedrich von Hausen in erster Linie Dienst
an Gott, den zweiten Rang seiner empirischen Wertordnung nimmt der Dienst
an der Herrin ein. Diese rein gedankliche Lösungsmöglichkeit
lässt sich jedoch nicht in die Tat umsetzen. Zwar ist der Dichter
der Meinung, "herze" und "lip" müßten gemeinsam auf die "vart"
gehen, doch das "herze" bleibt dem Minnedienst verpflichtet, der "lip"
dagegen ist zur gottgefälligen Teilnahme am Kreuzzug bereit. So erkennt
Friedrich von Hausen die Unvereinbarkeit von Gottesdienst und Minnedienst
und zieht daraus die Konsequenz: die Absage an die Minne.
Albrecht von Johansdorf stellt Kreuzzug und Frauendienst
in eine innige, rangmäßig nicht abgestufte Beziehung. In seinen
Kreuzzugsliedern ergänzen Gottesminne und Frauenminne einander wie
zwei gleichgerichtete Kräfte. Besonderes Merkmal Johansdorfscher Minneauffassung
ist die