Zwar findet sich bei Albrecht von Johansdorf ein ähnliches
Verhältnis herzlicher Zuneigung, aber bei Albrecht ist der Abschiedsdialog
in den inneren Konflikt zwischen Gottesdienst und Frauendienst eingebettet.
Hier jedoch werden die Probleme durch Motive ersetzt: Nicht die Gefahr,
die dem heiligen Land droht oder die Verleumdungen der Heiden führt
Otto von Botenlauben als Bekundung1 für die Teilnahme am Kreuzzug
an, es ist allein der göttliche Lohn, der ihn zum Aufbruch aus der
Heimat veranlaßt.
"Waere Kristes Ion niht also süeze, so enlieze ich niht der lieben
frouwen min."
Das Motiv des geteilten göttlichen Lohnes findet sich in den Schlußversen
der ersten Strophe, Hier zeigt sich, daß der Dichter seine Bindung
an Gott als eine Art Lehnsverhältnis auffaßt: So wie er sich
verpflichtet hat, für Gott zu kämpfen, ist Gott zur Gewährung
seiner Gnade verpflichtet. Erst dadurch wird das feste Vertrauen auf "Kristes
Ion11 möglich.
Es läßt sich, feststellen, daß die erste Strophe bis
hier her in Einklang mit dem traditionellen Gedankengut der Kreuzzugslyrik
und der Kreuzzugspredigten steht* Überraschend ist jedoch die Verwendung
des Begriffs "himelriche" bei Otto von Botenlauben. Während Friedrich
von Hausen, Albrecht von Johansdorf, Hartmann von Aue u. a. streng zwischen
dem Reich Gottes und dem irdischen Dasein unterscheiden, erklärt Otto
von Botenlauben jeden beliebigen Ort, wo auch immer die Dame sich aufhalten
mag, zu seinem Himmelreich.
"sie mac vil wol min himelriche sin,
swa diu guote wone al umbe den Rin."
Das ist zwar eine Art Topos, der aus den Paradiesvorstellungen bekannt
ist, schreibt Wentzlaff—Eggebert, aber innerhalb der Kreuzzugsdichtung
erscheint diese säkularisierte Terminologie der traditionsbelasteten
ernsten religiösen Vorstellungen neuartig und fast oberflächlich
verwendet.1
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1. Vgl. F.W. Wentzlaff-Eggebert, a.a.O., S. 302