3.32  Formaler Aufbau

Beide Strophen dieses Liedes umfassen zehn Verse. 
Die Reime laufen als Kreuzreime ab, davon ausgenommen sind die Verse 9 und 10 einer jeden Strophe: sie bilden jeweils ein Reimpaar.
Das Reimschema lautet: ababababcc .
Die Abweichung vom Reimschema in den Versen 9 und 10 stellt die formale Hervorhebung und besondere Betonung der inhaltlichen Aussage dar.
 
 
3.33   Zum Inhalt
 
In diesem Lied ist der Abschied von den "lieben friunden" vollzogen. 
Die Heimat "alumbe den Rin" liegt bereits in weiter Ferne. Die Trennung von der Heimat und von der Herrin wird in ihrer ganzen Schwere empfunden. 
Zwar sind die irdischen Bindungen denkbar stark (48,7), dennoch hat der Kreuzfahrer sich bereits von ihnen gelöst. 
Die Sorge um die Zurückgebliebenen legt er in Gottes Hand. Der besondere Schutz Gottes, den die Kirche dem Kreuzfahrer und seiner Familie zusichert, wird von dem Dichter für die erbeten, die er zurücklassen mußte. 
Er schließt die Herrin hier in den Kreis der mit ihm eng verbundenen Menschen ein, auch wenn sie nicht zur Familie gehört.  Wie sehr ihm die Trennung ans Herz greift, sagt er mit jener Wendung, die schon im Lied MF 45,37 geprägt wird : "nahe gat" .1
 
Während in der ersten Strophe schmerzlich auf das Vergangene zurückgeblickt und besonders hervorgehoben wird, daß das Vertrauen auf Gott noch mächtiger ist als aller Trennungsschmerz 
(MF 48,11.12), geht es in der zweiten Strophe nicht mehr um den einzelnen, um die Empfindungen und Wünsche seines Herzens.  Es geht auch nicht mehr um die eine Frau, die Ursache des Zwiespalts zwischen "herze" und "lip" war, sondern um die Ehre der Frauen schlechthin. So bezieht sich seine Warnung an die Frauen, die er diesem Lied mitgebt, auf die Aufrechterhaltung wahren Minnedienstes und um die Ehre höfischen Lebens. Es ist die Mahnung eines schon weit Entfernten, dem die eigene Rückkehr ungewiss ist, der aber dennoch die Ehre des Standes zu wahren sucht. Der Dichter fühlt sich als Hüter der weiblichen Ehre, er tut, was in seinen Kräften steht, um sie vor dem Verlust der Standesehre zu bewahren.
 
Sein Tadel trifft in Vers MF 48,l4 ff. die Feigen, die dem Ruf zur Kreuzfahrt nicht gefolgt sind. 
Die Frau, die den Dienst dieser Zurückgebliebenen annähme, würde ihre eigene Ehre beflecken, und ihre Schande träfe den ganzen Stand .
 
Es ist der gleiche Gedanke, der sich bei Heinrich von Rugge (MF 96,13) und bei Walther von der Vogelweide (13,7) findet. 
Der Dichter selbst bekennt sich in diesem Lied zu einer objektiven Welt der Werte, in der Gott, bzw. der Dienst an Gott, den ersten Rang einnimmt.
 
 

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1. Hier: MF 48,7 ;  vgl. dazu MF 46,21 !