3. Die Dichter
Im Mittelalter treten "drei dichtende Stände"1
hervor: der Geistliche, der Spielmann und der Ritter. Für den Geistlichen
stellt die dichterische Betätigung meist einen Teil seines religiösen
Lehrauftrages dar. Der Spielmann ist nur Dichter; er übt die
Dichtung als Beruf aus und lebt von ihr. Der dichtende Ritter ist
die "neue, epochemachende literarische Persönlichkeit"2
dieses Zeitalters. Sein Standesstolz gibt seiner dichterischen Kunstausübung
das Gepräge. Er versteht sich selbst in erster Linie als Ritter ("Schildes
ambet ist min art")3, seine Dichtung ist ein Produkt seiner
gesellschaftlichen Rolle und seiner Bildung ("Ein ritter so geleret was,
daz er in den buochen las...")"4. Lob und Huldigung der
Frau ist Inhalt seiner Lyrik; der Ritter begibt sich in den Dienst der
Frau, so wie er in den Dienst seines Landesherrn tritt. Dabei gilt seine
Huldigung der verheirateten Frau, während das junge Mädchen davon
ausgeschlossen bleibt. In seiner Herrin verherrlicht der Ritter ein unerreichbar
hohes Ideal, durch ihren Umgang fühlt er sich erhöht und veredelt.
Unnahbarkeit wird schmerzvoll beklagt.
Der Dienst an der Frau ist ein konventionelles Spiel
mit festen Begriffen und Vorstellungen, eine geistreiche Übung in
der Form, eine höfische Unterhaltung. Doch drängt der deutsche
Minnesang immer wieder über die überlieferten Formen hinaus und
nimmt realistische Züge an, indem er den Eindruck eines wirklichen,
persönlichen Erlebnisses vermittelt.5
Durch den Vortrag des ritterlichen Liedes erwächst
dem Berufsdichter eine kräftige Konkurrenz. Als die ersten Ritter
die Dichtkunst und den Vortrag zu ihrem Broterwerb machen, ist ein bedeutender
Schritt zur Vermengung der bisher streng geschiedenen Dichterkategorien
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1. H. Schneider, a.a.O. S. 208 - 216.
2. Ebda. S. 2O9.
3. Wolfram von Eschenbach, Parzival, Vers 115,11. Edition G. Weber,
Darmstadt 1963.
4. Hartmann von Aue, "Der arme Heinrich". Vors 1-5
5. Vgl. W. Grabert, A. Mulot, a.a.O. S. 48 .