Geschichte der deutschen Sprache

            1. Stammbaum der deutschen Sprache


            2. Sprachgeschichtliche Übersicht

Indoeuropäische Ursprache
5000 - 1000 v. Chr. Altindisch und
indoeuropäische Sprachenfamilie
Die Urheimat der indoeuropäischen Sprache liegt im Dunkeln und ist umstritten. 
Zur indoeuropäischen Sprachfamilie gehören:
* die Westindogermanen (Kelten, Germanen, 
   Italiker, Griechen, Tocharer), welche die alten 
  G- und K-Laute erhalten haben
  (> Kentumsprachen),                      und
* die Ostindogermanen (Inder, Iraner, Armenier, 
  Albaner, Balten, Slawen), bei denen jene Laute
  zu Zischlauten wurden
  (> Satemsprachen).
Urgermanisch
1000 - 450  v. Chr.   Die germanischen Sprachen lösen sich
vom indoeuropäischen Stamm:
1. Germanische Lautverschiebung
Germanisch
450 v. - 750 n. Chr. 
Westgermanisch
Altnordisch
Altsächsisch
Gotisch
Sprüche und Gesänge wurden mündlich vorgetragen und von Mund zu Mund überliefert.
Was mit Runenzeichen auf vergängliches Holz oder in Stein geschrieben wurde, ist zum größten Teil verloren.
Das älteste Zeugnis der damaligen Zeit ist
die "Germania" des Römers Tacitus.
Althochdeutsch
750 - 1050  n. Chr.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

ca. 765  n. Chr.

  Die hochdeutsche Ursprache
beginnt sich von allen anderen germanischen Mundarten zu unterscheiden:
2. Germanische Lautverschiebung.

Die althochdeutsche Sprache hat sich unter politischen und kulturellen Ereignissen (Völkerwanderung, Zusammenschluss germanischer Stämme im Frankenreich, Ausbreitung des Christentums) aus mehreren germanischen Stammsprachen gebildet .

"Abrogans"
als ältestes deutsches Schriftstück

Mittelhochdeutsch
1050 - 1250  n. Chr.
 
 

 

Oberdeutsch
(Alemennisch, Bayrisch, Österreichisch, Oberfränkisch)

Mitteldeutsch
(Westmitteldeutsch > Rhein- u. Mittelfränkisch;
Ostmitteldeutsch > Thüringisch, Obersächsisch, Schlesisch)

Niederdeutsch
(Niederfränkisch, Westfälisch, Niedersächsisch)

Die Gliederung des deutschen Sprachraums in Mundarten (Dialekte) ist hauptsächlich das Er-
gebnis der 2. Lautverschiebung, die sich 
in Oberdeutschland vollständig,
in Mitteldeutschland teilweise   und
in Niederdeutschland gar nicht 
durchgesetzt hat.
Danach unterscheidet man drei große Mundartgruppen:
                            * Oberdeutsch,
                            * Mitteldeutsch,
                            * Niederdeutsch.
Frühes Neuhochdeutsch
1250 - 1500  n. Chr.
 
 
 

1397 - 1468
1483 - 1546

Prager Kanzleisprache
Obersächsische Kanzleisprache (Meißen)
Wiener Kanzleisprache
"Gemeines Deutsch"

Johannes Gutenberg
Martin Luther

Im 15. und 16. Jahrhundert begann sich eine über die Mundarten hinausgehende Schriftsprache zu entwickeln.

Wesentliche Ursachen dafür waren
- die Erfindung der Buchdruckerkunst,
- die große Verbreitung der Bibelübersetzung
  Martin Luthers.

Hochdeutsch

ab 1500  n. Chr.
 Einheitliche Schriftsprache
im gesamten deutschen Sprachraum
(gesprochen von über 100 Mio. Menschen in Deutschland, Österreich, Tirol,
Teilen der Schweiz, Liechtenstein, 
in Teilen Luxemburgs, dem Elsaß
und auslandsdeutschen Gruppen 
in Europa und Übersee).
Die hochdeutsche Schriftsprache
bildet sich vom 15. bis 18. Jahrhundert aus
ober- und mitteldeutschen Mundarten heraus, während sich das Niederdeutsche
(hauptsächlich aus politischen Gründen)
nicht zur modernen Schriftsprache entwickeln konnte.

 

           3. Geschichte der Rechtschreibung

Um 1500 ... werden die ersten orthografischen Regeln in deutscher Sprache für die deutsche Rechtschreibung formuliert.
Bis ins 18. Jahrh. ... werden zwei Prinzipien zur Rechtschreibung propagiert:
* Der Phonetische Grundsatz, der besagt: "Schreibe so, wie du sprichst."
* der Historisch-etymologische Grundsatz: "Bei der Schreibung muss die Wortgeschichte berücksichtigt 
   werden."  Der bekannteste Vertreter war hierbei Jacob Grimm.
Seit ca. 1800 ... werden erst Hauptwörter (Nomen)  in der deutschen Sprache groß geschrieben.
1876 ... wird auf der 1. Orthografischen Konferenz bereits ein Regelvorschlag zur Trennung von st gemacht.
Die  "Herstellung größerer Einigkeit in der Rechtschreibung" scheitert am Veto Bismarcks.
Bis 1910 ... gab es im deutschen Sprachraum viele Rechtschreibbücher, die nur regionale Gültigkeit besaßen.
Seit 1901 ... hat es etwa 100 Vorschläge zur Reform der deutschen Rechtschreibung gegeben.
Im Juni 1901 ... findet in Berlin die "Zweite orthografische Konferenz" statt.  An dieser Konferenz nehmen Vertreter staatlicher Behörden und Buchhändler teil und beraten über eine Vereinheitlichung der deutschen Rechtschreibung. Auch Konrad Duden, damals Direktor des Gymnasiums Hersfeld, ist dabei.
1902 ... erscheint das amtliche Regelwerk "Regeln für die deutsche Rechtschreibung nebst Wörterverzeichnis",
das ein Jahr später für Schulen und den amtlichen Gebrauch bei Behörden verbindlich wird.
1903 ... wenden sich Buchdruckervereine an Konrad Duden mit der Bitte, ein orthografisches Nachschlagewerk zu schafffen, in dem für viele Rechtschreibprobleme eine Entscheidung getroffen wird.
Noch im selben Jahr veröffentlicht Duden seine  "Rechtschreibung der Buchdruckereien deutscher Sprache".
1915 ... erscheint der  "Duden - Rechtschreibung der deutschen Sprache und der Fremdwörter".
Dieses Werk trägt entscheidend zur Vereinheitlichung der deutschen Rechtschreibung
für die kommenden Jahrzehnte bei.
1935 ... wird für die Schweiz der Buchstabe  ß  abgeschafft.
Anstelle dieses Buchstabens wird nur noch  ss  geschrieben.
Ab 1945 ... zerfällt mit der deutschen Teilung auch der Duden in eine Ausgabe West und eine Ausgabe Ost.
1980 ... wird der "Internationale Arbeitskreis für Rechtschreibreform" (IAR) gegründet.
Dazu gehören Germanisten aus der Bundesrepublik Deutschland, aus Österreich und aus der Schweiz.
1987 ... erteilt die Kultusminister-Konferenz (KMK) dem "Institut für deutsche Sprache" in Mannheim den Auftrag, in Zusammenarbeit mit der "Gesellschaft für deutsche Sprache" in Wiesbaden ein neues Regelwerk zu schaffen.
1988 ... wird ein Vorschlag präsentiert, der mit drastischen Neureglungen sehr weit in den Schreibgebrauch eingreift. Diese Vorlage wird von der Öffentlichkeit und bald darauf auch von der KMK als unannehmbar zurückgewiesen.
1992 ... legt der IAR eine neue, sehr gemäßigte Fassung vor:
"Deutsche Rechtschreibung - Vorschläge zu ihrer Neuregelung".
1995 ... beschließt die KMK nach gründlicher und vielseitiger Überprüfung, die Neuregelung zum 1. August 1998 mit einer Übergangsphase bis 2004 / 2005 einzuführen.
1. Juli 1996 ... Deutschland, Österreich, die Schweiz, Liechtenstein und weitere Länder mit deutschsprachigen Bevölkerungsteilen verpflichten sich durch die Wiener Absichtserklärung zur »Neuregelung der deutschen Rechtschreibung«, die neue Orthographie bis zum 1. 8. 1998 einzuführen. 
Die ersten Wörterbücher in neuer Rechtschreibung erscheinen. 
Einige Bundesländer führen bereits mit Schulbeginn 1996/97 die neuen Regeln im Unterricht ein. 
Auf der Frankfurter Buchmesse unterzeichnen 100 Schriftsteller und Wissenschaftler die 
»Frankfurter Erklärung« für einen Stopp der Reform. 
Die öffentliche Diskussion um die Rechtschreibreform entbrennt.
Am 14. Juli 1998 ... erklärt das Bundesverfassungsgericht die Einführung der neuen Rechtschreibung per Kultusministererlass für verfassungsgemäß. 
Am 1. August 1998 ... wird die neue Rechtschreibung offiziell an Schulen und Behörden eingeführt. 
Bisherige Schreibweisen gelten als überholt, werden aber noch nicht als Fehler gewertet. 
Erst ab dem 31. 7. 2005 sollen nur noch die neuen Rechtschreibregeln gelten.
Der 1. August 1999 ... ist der Stichtag für die Einführung der neuen Rechtschreibung für die Nachrichtenagenturen.
29. Juni 2017 Der Rat für deutsche Rechtschreibung führt das große ß ("Esszett")als neuen Buchstaben ein. 
Der Unicode lautet 1E9E. 
Zum Beispiel:  GROß, DAS MAß, DIE STRAßE, DAS WEIß 

Die Großschreibung des Adjektivs ist nun in Fällen wie "Neues Jahr" oder "Goldene Hochzeit" zulässig. 

Eingedeutschte Schreibweisen von einigen Fremdwörtern werden gestrichen, z. B. 
statt "Ketschup" nur noch "Ketchup", 
statt "Majonäse" nur noch "Mayonaise", 
statt "Grislibär"  nur noch "Grizzlybär", 
statt "Joga" nur noch "Yoga".
 


          4. Schlagwörter, die Geschichte machten

Das Wort des Jahres Das Unwort des Jahres
1977    Szene  
1978    konspirative Wohnung  
1979    Holocaust  
1980    Rasterfahndung  
1981    Nulllösung  
1982    Ellenbogengesellschaft  
1983    heißer Herbst  
1984    Umweltauto  
1985    Glykol  
1986    Tschernobyl  
1987    AIDS,  Kondom  
1988    Gesundheitsreform  
1989    Reisefreiheit  
1990    die neuen Bundesländer  
1991    Besserwessi 1991    ausländerfrei
1992    Politikverdrossenheit 1992    ethnische Säuberung
1993    Sozialabbau 1993    Überfremdung
1994    Superwahljahr 1994    Peanuts
1995    Multimedia 1995    Diätenanpassung
1996    Sparpaket 1996    Rentnerschwemme
1997    Reformstau 1997    Wohlstandsmüll
1998    Rot - Grün 1998    sozialverträgliches Frühableben
1999    Millenium 1999    Kollateralschaden
2000    Schwarzgeldaffäre 2000    national befreite Zone
2001    der 11. September 2001    Gotteskrieger
2002    Teuro 2002    Ich-AG
2003    das alte Europa 2003   Tätervolk
2004    Hartz IV 2004    Humankapital
2005    Bundeskanzlerin 2005    Entlassungsproduktivität
2006    Fanmeile 2006    freiwillige Ausreise
2007    Klimakatastrophe 2007    Herdprämie
2008    Finanzkrise 2008    notleidende Banken
2009    Abwrackprämie 2009    betriebsratsverseucht
2010    Wutbürger 2010    alternativlos
2011    Stresstest 2011    Döner-Morde
2012   Rettungsroutine 2012    Opfer-Abo
2013   GroKo 2013    Sozialtourismus
2014   Lichtgrenze 2014    Lügenpresse
2015   Flüchtlinge 2015   Gutmensch
2016   postfaktisch 2016   Volksverräter
2017  Jamaika-Aus 2017   alternative Fakten
2018  Heißzeit 2018   Anti-Abschiebe-Industrie
2019  Respektrente 2019   Klimahysterie

 
Wort des Jahres: 
Gesellschaft für deutsche Sprache, Wiesbaden     
Unwort des Jahres:
Arbeitsgruppe der Universität Frankfurt, Frankfurt / Main

 


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Rechtschreibreform

© Udo Klinger, Schwerte/Ruhr 2020