Literatur in der DDR  (1945 - 1989)


 


Historischer Hintergrund:

Als Ergebnis des zweiten Weltkrieges wurde Deutschland unter den Siegermächten in Besatzungszonen aufgeteilt. 
Am 7. Oktober 1949, neun Tage nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland aus den drei westlichen Besatzungszonen, wurde die Deutsche Demokratische Republik (DDR) aus der sowjetischen Besatzungszone gegründet. Spätestens von diesem Zeitpunkt an ging die Literatur der beiden deutschen Staaten getrennte Wege.

Anders als in der Bundesrepublik aber war ein freies Schreiben in der DDR trotz der in der Verfassung verankerten Freiheit der Kunst und Literatur nicht möglich. Zwar hielten sich die Einschränkungen in den ersten Jahren nach der Gründung noch in Grenzen, doch seit der Einrichtung der „Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel“ im Ministerium für Kultur (1954), war es der SED möglich, Schriftsteller, Verlage, Buchdruck und Buchhandel zu kontrollieren. 
So war zum Beispiel die Veröffentlichung im Ausland hier zu genehmigen. Auch Veröffentlichungen innerhalb der DDR konnten so verhindert werden, wenn sie nicht im Sinne des Staates (im Sinne des sozialistischen Realismus) waren und somit nicht zur Ideologie der SED passten. 
Verbot und Zensur traten aber doch erst vermehrt in den sechziger Jahren auf. 
Doch die Partei verbot Werke nicht nur, sondern beeinflusste auch auf anderem Wege die Literatur im Osten. 
So wurde in den Schulen ideologisch orientierter Deutschunterricht abgehalten, Theaterbesuche gefördert und Buchpreis niedrig gehalten, was vor allem zur Popularität der Literatur beitrug. 
Auch wurden diejenigen Schriftsteller gefördert, die ihre Werke im Sinne des bereits 1932 in der Sowjetunion entstandenen „sozialistischen Realismus“ verfassten. 
Erst gegen Ende der DDR kam es dazu, dass auch hier sozialkritische Werke zu den Lesern durchdrangen, da Erich Honecker das Amt des ersten Sekretärs der SED übernahm und sowohl beim Inhalt als auch beim stil der Kunst und Literatur keine Tabus mehr forderte.
 

Definition:

Kennzeichnend für die Literatur in der DDR ist zunächst einmal der Einsatz von „gewöhnlichen“ Arbeitern als Autoren und Schriftsteller. Versucht wurde dies vor allem durch den „Bitterfelder Weg“, was aber 1973 eingestellt wurde. Er stellte eine Strategie zum Schreiben von Texten dar, mit dem Ziel, die Autoren und das Volk einander näher zu bringen. 

In den Anfangsjahren waren Autoren auch vor allem ehemalige Soldaten und Flakhelfer aus dem zweiten Weltkrieg. 
Auffällig ist auch die vermehrte Publizierung von Exilliteratur und während des Nationalsozialismus verbotener Literatur.
Die weiterhin verarbeiteten Themen waren alle im Sinne des von der SED verbreiteten sozialistischem Realismus geschrieben. So folgten (so gut wie) alle Schriften seinem Schema, welches im Sinne Lenins parteilich sein und die erzieherische Funktion als Ziel haben sollte. 
Allerdings handelt es sich hierbei um eine Erziehung zum Kommunismus, was auf diese Weise aber nicht genannt wurde. 
Auch die historisch korrekte Darstellung der Geschichte sollte zu Grunde gelegt werden, was aber wiederum auf die von der SED gesehene Wahrheit hinauslief. 
Elemente des sozialistischen Realismus waren die optimistische politische Perspektive und ungebrochene Tatkraft, die schwierigste Situationen zu meistern, aber auch die Verbeugung vor der stets aus edlen Motiven handelnden Parteiführung, die sich letztendlich auch durchsetzte. 
Weiterhin tauchten Konflikte zwischen Menschen auf, die die Fülle des Lebens vermissen ließen und keine Entwicklung kannten. Im Mittelpunkt standen positiv strahlende Helden, die mit Hilfe der Partei alles erreichten und vor allem gegen die Feinde des Sozialismus siegten. 
Diese Handlungen fanden in Betrieben, Baustellen oder in der Landwirtschaft statt, wobei die Realität mit dem Ziel der Darstellung einer verheißungsvollen Zukunft verschleiert wurde. Alle Werke waren so gestaltet, dass der Leser schnell zwischen Gut und Böse unterscheiden konnte.

Die in den fünfziger Jahren auf diese Weise behandelten Themen waren die Reflexion von NS-Zeit und Krieg, der Aufbau der sozialistischen Industrie, die sozialistische Entwicklung auf dem Lande aber auch die Bodenreform. Die Umsiedlerproblematik wurde ebenso behandelt, wie die Nachkriegszeit und andere historische Themen. Besonderes Augenmerk lag aber auf der Kriegs- und NS-Zeit. 
Die sechziger Jahre waren das Jahrzehnt der Lyrik in der DDR. Hier wurde vor allem satirische und komische Prosa mit Jazz und Gedichten kombiniert. Auch verwendet wurde Naturlyrik, Satire und pikareske (schelmenhafte) Literatur. 
Themen waren hier wie in den fünfziger Jahren die Reflexion von NS-Zeit und dem Aufbau der sozialistischen Industrie. Hinzu kamen aber auch Konflikte im Sozialismus, Beziehungsprobleme, die deutsche Teilung und Heimat, sowie Umsiedlung. 

Besonderes Interesse galt in den sechziger Jahren aber den Problemen, Schwierigkeiten und Aufgaben bei der Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft. In den siebziger Jahren begannen die Schriftsteller der DDR die Möglichkeit des Einzelnen in der Gesellschaft zu hinterfragen. Neben dem Interesse am Kalten Krieg, der Atomgefahr und der Umwelt bildete dies auch das Hauptthema der achtziger Jahre in der DDR. Allerdings wurden auch weiterhin Themen aus den Jahrzehnten zuvor literarisch verarbeitet.
Mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten am 03. Oktober 1990 ging die DDR unter. Viele ehemalige DDR-Bürger schrieben nun über ihr Leben in diesem Staat.
 

Die literarischen Vertreter:

In der DDR gab es viele Schriftsteller, die zur Bildung der Literatur in der DDR beitrugen.
Johannes Bobrowski (1917-1965) war einer unter ihnen. Er war einer der Schriftsteller, die als Soldat in Kriegsgefangenschaft gerieten und später schrieben. Da er bereits 1965 starb ist er vor allem für die Anfangszeit der DDR wichtig. Er schrieb die bedeutendste Prosa dieser Zeit in einer Sprache, die oft eigenwillig war. Zu seinen Themen machte er vor allem die Gemeinsamkeiten mit den östlichen Nachbarländern. Seine wichtigsten Werke sind Boehlendorf und Mäusefest (1965), Der Mahner (posthum 1967), Levins Mühle (1964) und Litauische Claviere (posthum 1966). Obwohl Bobrowski für die Literatur der DDR sehr wichtig war, fand er gleichermaßen in der BRD Beachtung.

Ebenfalls in dieser Zeit berühmt geworden und auch eine in der BRD anerkannte Schriftstellerin ist Christa Wolf (geboren 1927). Sie war eine Anhängerin des Kommunismus, obwohl sie verschiedenen Situationen des sozialistischen Alltags doch skeptisch gegenüber stand. Ihre wichtigsten Romane sind Der geteilte Himmel (1963), in dem sie die Ost-West-Problematik zur Sprache brachte, und Nachdenken über Christa T. (1968).

Johannes Robert Becher (1891-1958) ist ein Beispiel dafür, dass Schriftsteller durchaus in die Politik der DDR verwickelt waren. Er ist einer der Repräsentanten, da er dem Schema des sozialistischen Realismus folgte und im Jahre 1949 sogar die Nationalhymne der DDR verfasste. Besonders zu erwähnen ist, dass Becher in den Jahren 1954 bis zu seinem Tod 1958 das Amt des Ministers für Kultur in der DDR innehatte. Eines seiner bedeutendsten Werke ist Das poetische Prinzip aus dem Jahre 1957.

Im Jahre 1939 wurde ein weiterer Vertreter der DDR-Literatur geboren. Volker Braun erhielt 1988 den Nationalpreis der DDR, da er zwar Missstände des Sozialismus kritisierte, von dessen Ideologie dennoch überzeugt war. Als Wolf Biermann ausgebürgert wurde, kritisierte er dies als Fehler. Zwar erhielt er dafür auch Anerkennung wurde aber dennoch mit Aufführungs- und Publikationsverbot belegt. Er schrieb vor allem Dramen, die unter anderem Konflikte zwischen Individuum und Gesellschaft behandelten. Hinz und Kunz (1973), Großer Frieden (1980) und Transit Europa (1988) sind einige davon. Im Jahre 1970 schrieb er Wir und nicht sie.

Sarah Kirsch (geb. 1935) repräsentiert eine weitere Figur der DDR-Literatur. Sie schrieb vor allem Liebes- und Naturlyrik in einer schlichten Sprache, die subjektiv Beziehungen zwischen Menschen beschrieben. Direkte politische Aussagen traf sie hierbei nie, siedelte aber dennoch im Jahre 1977 von der DDR in der BRD über, da sie mit der Ausbürgerung Biermanns nicht einverstanden war. Sie schrieb Texte wie Zaubersprüche und Die Pantherfrau (1973). Zum Thema Umwelt verfasste sie ihr Gedicht Bäume.

Wolfgang Biermann ist einer der bekanntesten Schriftsteller der DDR. Im Jahre 1936 wurde er geboren und siedelte 1953 in die DDR über. Er schrieb vor allem Balladen und Gedichte, die von Berthold Brecht, Heinrich Heine und Francois Villon beeinflusst waren. Auch war Biermann überzeugter Sozialist, aber dennoch sang er vor allem gegen die Unterdrückung in der sozialistischen Gesellschaft, wobei er auch private Erfahrungen mit einbrachte. Aufgrund dessen erhielt er im Jahre 1965 ein Berufsverbot in der DDR, weshalb er nur noch in der BRD veröffentlichte. 1976 aber wurde Biermann erlaubt, einige Konzerte in Köln zu geben. Als das erste von diesen aber am 13. November 1976 ausgestrahlt wurde, sprach die Parteiführung ihm die Staatsbürgerschaft ab. Sein Auftritt wurde als „feindliches Auftreten“ gewertet. Dies löste eine Welle des Protestes auch unter den Schriftstellern der DDR aus, die sich nun öffentlich gegen diese Entscheidung aussprachen. Daraufhin verhängte die SED gegen verschiedene von ihnen Parteistrafen, schlossen sie aus der Partei aus oder erteilten Druck- und Aufführungsverbote. Selbst vor Gefängnisstrafen schreckte die Führung nicht zurück. Als Ergebnis des „Fall Biermann“ verließen mehr als 200 Schriftsteller die DDR für immer. Bekannte Werke des Wolf Biermann sind Mit Marx- und Engelszungen (1968) und 
Für meine Genossen (1972). Auch schrieb er das Gedicht Berlin.

Peter Huchel (1903-1981) zählt auch zum Zirkel der in der DDR bekannt gewordenen Schriftsteller. Im zweiten Weltkrieg in russische Kriegsgefangenschaft. 1948 begann er für die Kulturzeitschrift Sinn und Form zu schreiben. Als Chefredakteur leitete er diese bis 1962. In der DDR veröffentlichte Huchel vor allem politisch zu interpretierende Naturgedichte. Im Jahre 1972 verließ er die DDR, da er sich mit den DDR-Kulturschaffenden unstimmig über  die Literatur war. Wichtige Werke sind 
Der Garten des Theophrast, Traum im Tellereisen und Winterpsalm (1962).

1952 kehrte Stefan Heym (1913-2001) aus den USA nach Ostberlin zurück. Viele seiner Werke schrieb er in englischer Sprache, später übersetzte er sie aber ins Deutsche. Mit der DDR-Führung kam Heym nicht zurecht, da seine Schriften vor allem individuelle Schicksale, die durch den Staat in ihrer Freiheit eingeschränkt wurden, zum Thema hatten. 
Sein Werk Fünf Tage in Juni (1953) wurde aufgrund dessen in der DDR verboten. Ein weiterer bekannter Roman ist 
Der König-David-Bericht (1972).

Berthold Brecht (1898-1956) zählt ebenfalls zu den Autoren der DDR. Nachdem er bereits seit Jahren einen Großteil seiner Werke geschrieben hatte (Dreigroschenoper, 1939) kam er 1948 nach Ostberlin. 1951 erhielt er den DDR-Nationalpreis erster Klasse und 1954 den Internationalen Stalin-Friedenspreis. 1956 starb er, doch als Nationaldichter der DDR gilt er vor allem deshalb, weil viele seiner Stücke in der DDR neu verarbeitet wurden. Zu seinen in der DDR erschienenen Texten zählen die Kurzprosa Kalendergeschichten (1949) und Geschichten von Herrn Keuner (posthum 1958), sowie das Hörspiel und Dialog Flüchtlingsgespräche (posthum 1961).

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